No. 7, Ja, er lebt noch

Herzlich willkommen zurück auf meinem Blog. Ja ich lebe noch und ich weiß, dass ich so grob geschätzt das letzte halbe Jahr zumindest hier nichts von mir hören lassen hab. Dies lag nicht daran, dass es nichts zu berichten gegeben hätte. Eigentlich war hier sogar durchgehend etwas geboten. Wie ich bereits einmal erwähnte, bin ich nicht gerade der geborene Autor also wird daraus wohl trotzdem eher eine Kurzgeschichte, oder auch ein paar mehr.

Beginnen wir also direkt mit:

Weihnachten.

Das Weihnachtsfest an für sich unterscheidet sich grundsätzlich kaum vom Deutschen. Allerdings kommt Weihnachtsstimmung eher spärlich auf. Dies könnte unter anderem an dem hochsommerlichen Wetter ohne Schnee und Eis liegen. Allerdings muss deshalb wohl auch auf wundervolle Weihnachtsmärkte verzichtet werden. Nicht jedoch auf selbst gemachten Glühwein welcher auch bei der restlichen Gemeinde Gefallen fand. An Heiligabend bot sich mir dann dasselbe Bild wie vermutlich den meisten Kirchen Deutschland. Die Kirche war randvoll. Bereits die Tage zuvor hatten wir die musikalische Begleitung einstudiert sowie ein Krippenspiel. Meine Rolle in der Weihnachtsgeschichte war natürlich von vorne herein klar, der Engel. Wer auch sonst. Nachdem auch das Trauerspiel meinerseits überstanden war („No te temas Maria!) gab es noch eine kleine Tanzeinlage. Nach der Messe gab es Kakao für alle, bevor man sich auf den Weg nach Hause begab. Wir durften zum Glück Weihnachten mit der Familie des Diakons feiern, zu zweit wäre das vermutlich doch etwas merkwürdig gewesen. Da es in Bolivien nur einen Weihnachtsfeiertag gibt, verbrachten wir auch den folgenden Tag grillend im Garten des Diakons. Ich wollte schon immer einmal an Weihnachten grillen… echt empfehlenswert, ist super!

Bereits am 26. ging es dann auch schon los auf Reisen zusammen mit Philipp, Luzia und Adriana.

Reisen ist wirklich einfach und funktioniert eigentlich immer gleich. Gereist wird fast ausschließlich mit dem Bus. Viel planen lässt sich meist nicht. Man marschiert einfach in das jeweilige Terminal, welches von einer Straßenecke bis zu einer großen Halle alles sein kann. Bereits beim Eintreten wird man meist von allen Seiten angebrüllt. Kleines Bolivianisches Busterminalbeispiel:„La Paz, la Paz, la Paz“, „Bus cama a Santa Cruz“, „ya sale“, „Oruuuuuuro“, „la Paaaaz“, „Bus leito a Sucre“,…
Entweder man lässt sich bereits jetzt einen Bus aufschwatzen, oder begibt sich zu den kleinen Büros und informiert sich bei den jeweiligen Unternehmen. Zu empfehlen bzw. meist am bequemsten ist eindeutig „Bus cama, 3 filas con baño“ was so viel heißt wie nach hinten klappbare Sitze mit einigermaßen Beinfreiheit, der Nachbar sitzt/schläft nicht direkt auf einem und es gibt theoretisch ein Klo an Bord. Meist reisten wir nachts und schliefen im Bus um Zeit zu sparen. Die Busse legen natürlich immer pünktlich ab und es kommt nahezu nie zu Verspätungen. Was einem natürlich mal passieren kann ist, dass man in einen „Bloqueo“ gerät, eine Straßenblockade. Da wird es dann immer spannend. Entweder man dreht um und fährt zurück oder läuft mit seinem Gerümpel einige Kilometer bis ans andere Ende der Blockade und sucht sich eine neue Mitfahrgelegenheit. Gerne liefern sich die Einheimischen Schlachten mit der Polizei also ist zumindest für Unterhaltung gesorgt. Wenn also der Bus nicht gerade den Geist aufgibt, die Straße befahrbar und nicht gesperrt ist und der Busfahrer genug Coca dabei hat kommt man meist sicher an Ziel.

Etappe Nummer 1: La Paz

Eine äußerst beeindruckende Metropole. Zuerst passiert man El Alto, eine riesige Stadt welche direkt an La Paz angrenzt. El Alto liegt noch auf dem Altiplano, sprich einer enormen andinen Hochebene auf ca. 4100 m. Bereits von weitem lässt sich der schneebedeckte Illimani, ein 6439m hoher Berg, bestaunen. Nachdem man das ärmliche El Alto, welches topfeben daliegt, durchquert hat, beginnt sich die Stadt, nahezu nahtlos, eine riesige Schlucht hinabzuwinden. Dabei handelt es sich bereits um La Paz, den höchsten Regierungssitz weltweit. Während Sucre die Hauptstadt Boliviens ist, spielt sich alles politisch Entscheidende in La Paz ab. Überspannt wird La Paz seit einigen Jahren von einigen Seilbahnen, welche z.B. El Alto und La Paz verbinden und die Verkehrslage entschärfen sollen.
Ich persönlich finde La Paz an für sich ziemlich hässlich mit all den unverputzten Häusern, vollen und vermüllten Straßen. Jedoch äußerst interessant und beeindruckend. Highlight war die Mountainbike Tour camino de la muerte, auch bekannt als Deathroad. Die alte Schotterpiste ins Tiefland wird mittlerweile hauptsächliche von Mountainbikern genutzt. Top organisiert wird man früh morgens in einem Minibus ein Stück außerhalb von La Paz abgesetzt und ausgestattet. Natürlich nur das Beste, meine Schaltung wurde mithilfe von Steinen fixiert aber die braucht ja nun auch wirklich keiner beim Downhill. Schlussendlich ein riesen Spaß in einer genialen Landschaft. Die „Straße“ schlängelt sich die Yungas hinunter in tropisches Gebiet. Vegetation wie Temperatur verändern sich dauerhaft. Die Todesstraße hat ihren Namen übrigens aufgrund der verunglückten Bauarbeitern während der Erbauung erhalten. Dennoch ist nicht zu spaßen und an so mancher Stelle geht es auch mal gut 70 m senkrecht nach unten. Vorbei an Todeskurve und Wasserfall, hier noch schnell ein Foto vom eigenen Kameramann, kurze Mittagspause, sich filmen lassen und schon hat man sein Ziel erreicht, mehr oder weniger lebend.

Bevor es weiterging, verbrachten wir noch Sylvester in La Paz. Beziehungsweise in El Alto um den Ausblick über ganz La Paz und sämtliche Feuerwerke genießen zu können. Sylvester mal anders.

Hier ein paar Eindrücke aus La Paz:

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Etappe Nummer 2: Copacabana und Isla del sol

Von La Paz ging es weiter nach Copacabana und somit auch an den Titicacasee. Dieser muss jedoch zuerst einmal von Passagier und Bus auf abenteuerlichen Flossen überquert werden, um nach Copacabana vorzudringen. Der als weltweit höchstgelegene schiffbare See bekannte Titicacasee ähnelt auf den ersten Blick wirklich einem Meer. Copacabana an für sich ist ein kleines Dörfchen, das fast ausschließlich vom Tourismus lebt. Es gibt haufenweise Souvenirs zu kaufen, Restaurants, Hostal und an jeder Ecke frisch gefangene, leckere Forellen. Für mich das eigentliche Highlight war jedoch die „Isla del sol“, sprich die „Sonneninsel“ im Titicacasee. Viel ruhiger, ursprünglicher und landschaftlich schöner.

Aber seht selbst:

 

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Etappe Nummer 3: Cusco und Machu Picchu

Nach Copacabana ging es auf nach Peru, nach Cusco. Dass hieß für uns auch das erste Mal Grenzübertritt. Und man weiß ja nie. Generell läuft das hier so ab, dass man immer zuerst aus einem Land ausreisen muss bzw. die Erlaubnis zum Ausreisen einholen muss, und anschließend auf der anderen Seite in das andere Land wieder einreisen muss. Das heißt zweimal Papierkram, zweimal Warteschlange, zweimal mies gelaunte Beamte mit dummen Fragen, zweimal Reisepass stempeln. Und da das immer der ganze Bus machen muss, dauert das schon mal über eine gute Stunde. Vor allem wenn, wie in diesem Fall, andauernd der Strom ausfällt. Ein hoch auf Schengen!
Cusco an für sich ist eine wunderschöne Stadt. Recht touristisch, nicht zu groß, sehr sauber und geprägt durch die schönen Ziegeldächer. Rund um die Plaza gibt es viel zu sehen und es ist immer viel los. Da Cusco einst die „Hauptstadt“ der Inka war, lassen sich bereits hier einige Ruinen und Mauern der Inka bestaunen.
Von Cusco aus ging es dann auf nach Machu Picchu. Nach etwas beschwerlicher Anreise ging es in aller Früh um 4:30 los. Sparsam wie immer beschlossen wir, auf eine teure Busfahrt zu verzichten und den „Machu Picchu“, den alten Berg, zu Fuß über unzählige Treppenstufen zu besteigen. Nach einer mehr oder weniger anstrengenden Stunde war das ebenfalls geschafft und wir konnten die Ruinen der alten Inkafestung betreten und bestaunen. Unser Guide, bei dem unschlagbaren Angebot inklusive, stellte sich natürlich als absoluter Lätteschwätzer heraus. Es sei denn, unser Reiseführer lüge… Aber auch so lässt sich die komplette Ruine mit den unzähligen Gebäuden, Abwassersystemen und Treppen auf dem Berggipfel bestaunen und erkunden. Unvorstellbar, mit welchem Aufwand die Festung erbaut wurde, sämtliche Steine stammen aus dem Flussbett im Tal und wurden von den Inka dort grob bearbeitet und anschließend mühevoll auf den Berggipfel befördert. Unvorstellbar. Anschließend wurden die Steine mithilfe von Sand und Kies so zurecht geschliffen, dass sie perfekt aufeinander fielen, lückenlos. Des Weiteren waren die Steine mit Zapfen versehen und so miteinander verbunden. Diese Zapfentechnik garantierte eine enorme Erdbebensicherheit. Nur deshalb können wir noch heute das Weltkulturerbe bestaunen, da Machu Picchu wie auch Cusco in einem sehr erdbebenreichen Gebiet liegen.
Einziger Minuspunkt sind die enormen Menschenmassen die Machu Picchu fluten. Aber ein unvergessliches Erlebnis und sehr eindrucksvoll. Noch toller wurde das ganze natürlich, als ich während einer kurzen Erholungspause zufällig meine Eltern getroffen habe. Passiert, Zufälle gibt’s.

 

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Etappe Nummer 4: Zwischenseminar in Santa Cruz

In einem Busmarathon ging es von Cusco aus nach Cochabamba und direkt wieder weiter nach Santa Cruz zum Zwischenseminar. Santa Cruz, Boliviens größte Stadt mit 1.5 Millionen Einwohnern, liegt im tropischen Tiefland. Daran muss man sich erst mal gewöhnen. Ansonsten gibt es in Santa Cruz selbst nicht allzu viel zu sehen, außer der lebendigen Plaza. Das Seminar, welches wir zusammen mit allen Freiwilligen Südamerikas des BDKJ Bamberg und Würzburg hatten, war eine Klasse Sache. Äußerst motivierend, weiterbildend und informativ. Klasse einen Teil der Freiwilligen aus den Vorbereitungsseminaren wieder zu sehen und sich auszutauschen.

Etappe Nummer 5: elterlicher Besuch

Direkt im Anschluss an das Zwischenseminar, Mitte Januar, kam es dann zum geplanten Zusammentreffen mit meinen Eltern in Cochabamba. Super Sache! Zuerst wurde meine Projektstelle hier in Cochabamba besichtigt. Leider waren gerade Sommerferien, weshalb weder die Kinderkrippe die Hausaufgabenbetreuung noch die Seniorengruppe aktiv waren. Aber auch so war unsern Terminplan voll. Unter anderem wollten wir den Tunari (5000m), den höchsten Berg um Cochabamba besteigen. Ein bisschen wandern. Jedoch schien es für unseren bolivianischen Fahrer mit abenteuerlichem Truffi, der uns nur in Gipfelnähe bringen sollte, überhaupt nicht verständlich, wieso man freiwillig einen Berg hinauflaufen wollen sollte. Deshalb hat uns der gute Mann quasi direkt zum Gipfel gefahren. Wandern mal anders. Schlussendlich haben wir unser eigentliches Ziel, den Tunari, erreicht. Problematisch war nur, dass alle Gipfel dieser Bergreihe Tunari heißen. Also weiß bis heute eigentlich keiner wo genau wir jetzt waren…. Aber bei genialer Aussicht auf Cochabamba ein Paar Condore besichtigen macht auch ohne Anstrengung Spaß.
Anschließend ging es nach Santa Cruz um von dort in den Parque Nacional Amboró zu gelangen. Ein wunderschöner tropischer Nationalpark. Recht alternativ waren wir bei Christopher und seiner Familie untergekommen und unternahmen von dort aus immer Tagesausflüge in den Park. Querbeet ein mit Machete und Proviant zu verborgenen Wasserfällen begleitet von Papageien, Schmetterlingen, Gürteltieren und sogar kleinen Affen. Am besten war jedoch die Früchtevielfalt. Ob Papaya, Avocado, Maracuja, Erdbeeren, Zuckerrohr, Zitronen, Orange,… alles frisch geerntet mit unglaublichem Geschmack. Nach diesem exotischen Abenteuer ging es jedoch auch schon langsam aber sicher dem Ende zu und zurück nach Santa Cruz. Meine Sommerferien gingen zu Ende und für meine Eltern ging es zurück ins winterliche Deutschland.

Leider hab ich ehrlich gesagt kein einziges Bild unserer gemeinsamen Reise… Bei bedarf bitte meine Eltern kontaktieren.

Etappe Nummer 6: Besuch Nummer 2 und der Angriff der Killeramöben

Bereits einen guten Monat später bekam ich erneut Besuch von Linda, Regina, Sarah und Matthias. Abholen konnte ich die Lieben in Santa Cruz noch, das körperliche anwesend sein war dann aber auch schon alles. Wie sich im Nachhinein herausstellte, litt ich bereits an einem miesen Amöben Angriff. Der hat mich mal geschwind komplett ausgeschalten und sogar für 4 Tage auf Station befördert. Amöben sind so mehr oder weniger die Bolivianische Volkskrankheit. Wie Schwester Verena aus Independencia das einmal treffend formulierte, jeder gscheide Bolivianer hat Amöben. Diese fäkaloral übertragenen Mistviecher lauern überall. Weshalb auch so gut wie alle Freiwilligen hier „befallen“ sind. Eigentlich auch nur halb so schlimm diese Parasiten, solange sie halt nicht gerade bis in die Blutbahn vordringen. Naja nach gefühlten 5 Liter Antibiotika Infusion und 4 Tagen Hühnersuppe schien ich geheilt und durfte das Krankenhaus wieder verlassen. Da ich genau über Ostern erkrankt wer, kann ich euch davon leider nichts berichten. Philipp hilft da bestimmt gerne aus.
Noch ein paar Tage auskurieren und wieder zu Kräften kommen dann ging es direkt auf nach Lima. Wieder gemeinsam ging es bis nach Ica, Richtung Süden Perus. Mit Sandboarden, Seegurkenkunde, Baden, Sonnenbrand, Pisco, Seelöwen und Meersesfrüchten konnten wir noch gemeinsam eine tolle Woche erleben. Danke an die Hilton-Crew!

Auch von dieser Woche habe ich nicht ein Foto, ihr wisst ja wen ihr zu fragen habt.

No. 6, Todos santos in Independencia

 

 

Aussicht aus dem Bus bei der Anreise:

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Bereits ein paar Tage her, aber über Allerheiligen sind wir der Einladung von Schwester Verena gefolgt und haben die Mädels im Centro San Bonifacio in Independencia besucht. Die ca. 6h entfernte Provinzhauptstadt von Ayopaya beherbergt zu Spitzenzeiten knapp 3000 Einwohner und liegt in einem Tal auf ca. 2600m. Mitten in der Natur leben die meisten Menschen hier von der Landwirtschaft und in
spürbar ärmlicheren Verhältnissen. Da Allerheiligen erst am P1050824Sonntag und Montag gefeiert wird, nutzten wir den Samstag für einen Ausflug in die Anden. Leider, bzw. Gott sei Dank, war der für uns vorgesehene Jeep verbucht, sodass wir es uns hinten auf der Bridge eines Anderen bequem machten. Gut geschützt gegen den teils eisigen, teils tropisch warmen Fahrtwind ging es auf Feldwegen mitten durch die Natur, vorbei an kleinen Dörfern die mitten aus dem Nichts auftauchen, durch Wolken und Nebelwälder, Schafherden,  vorbei an Kühen…
bis zu unserem eigentlichen Ziel, der Sodalith Miene.P1050772 In dieser wird noch heute das blauweise Sodalith Gestein abgebaut und in die ganze Welt verschickt. Von der Miene bekommen wir nicht viel zu sehen, dürfen uns jedoch ein kleines Andenken mitnehmen. Getreu dem Motto, der Weg ist das Ziel, geht es weiter bis zu einer genialen Aussichtstelle und wieder zurück zu einem kleinen Wasserfall, an welchem wir auch den 11 Uhr Imbiss zu uns nehmen. Apropos Essen, In Inde zu verhungern ist praktisch unmöglich, von morgens bis abends wird man durchgehend köstlich bekocht!
Auf jeden Fall eine wunderschöne, unvergessliche Exkursion.P1050837
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Am Sonntag dann beginnt das eigentliche Spektakel: Todos Santos, Allerheiligen. Man zieht durch die Straßen auf der Suche nach Häusern mit offenen Türen. Lässt sich dann ein reich gedeckter und dekorierter Tisch erblicken ist man richtig. Es ist Brauch, für den Verstorbenen einen Tisch aufzustellen, auf den dann neben kuriosen Gebäcken alles gelegt werden kann, was dem Verstorbenen gefallen hatte; Wein, Hühnchen, Schnaps, Früchte,… In der Nacht auf den zweiten Tag von Todos Santos kehrt der Tote in die Welt zurück und nimmt sich etwas von seinem Tisch, und es fehlt natürlich tatsächlich immer etwas. Das könnte allerdings auch daran liegen, dass man recht schnell den Überblick verliert, denn für dreimal „Vater Unser“ und drei „Gegrüßet seist du Maria“ beten (bevorzugt auf Deutsch), bekommt jeder einige Gebäcke. Auch wir hatten bereits im Vorhinein für Padre Manfred Rauh an die 300 Brötchen gebacken.
Wer also vorhat, mehr als einmal zu beten, sollte sich mit einer großen Tüte ausrüsten. Und die eigentliche Herausforderung besteht darin, nicht beten zu müssen/dürfen. Denn einmal angefangen, wird man von Tür zu Tür geschickt. Als Alternative zu den Bergen an Gebäcken, wird einem oft auch der Konsum des selbst gebrauten Maisbieres, Chicha, angeboten. Lässt man sich natürlich nicht entgehen, die hellbraune „Brühe“ wird probiert und überrascht uns. Schmeckt besser als erwartet!

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Friedhof in Independencia

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Schlussendlich kehren wir mit gestilltem Durst und randvollen Tüten zum Centro zurück. Um DSC04944am nächsten Tag von vorne zu beginnen. Mittlerweile wurden die Tische aus den Häusern auf den Friedhof befördert mit samt allen Köstlichkeiten. Nun wandert man von Grab zu Grab um erneut zu beten. Ehrlich gesagt hab ich hier
sicherlich so viel „Vater Unser“ und „Gegrüßet seist du Maria“ innerhalb von zwei Tagen gebetet wie in meinen 19 Jahren zuvor. Immer wieder stößt man auf Kindergruppen, die auf Beutezug sind und es schaffen, dreimal so schnell zu beten wie wir.
Wer gestern noch nicht genug von der Chicha abbekommen hat, oder erneut durstig ist, kommt hier wieder auf seine Kosten. Und so erwischt manch Kamerad zu viel und bedarf einiger Hilfe um den Friedhof wieder zu verlassen.
Am Tag nach Todos Santos wird in Indepedencia noch ein weiterer Brauch gefeiert, dass Schaukel. Im Dorf verteilt werden Seilschaukeln in Bäumen aufgehängt. Durch das Schaukeln würden die Seelen P1050973 wieder aus der Welt „gestoßen“ und die Lebensfreude kehre wieder ein. So ist das ganze Dorf am Schaukeln und erneut am Feiern, auch der Restbestand Chicha wird aufgebraucht, obwohl es mir so vorkommt als würde die Chicha hier nicht so schnell ausgehen. Auch wir schaukeln noch eine Runde, bevor wir uns schon wieder verabschieden müssen, dankbar für die schöne Zeit und die vielen Eindrücke. Nachts um Vier geht es schwer beladen mit Brot für eine Monat zurück nach Cochabamba.

 

 

Weitere Eindrücke aus Inde:

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Provinzhauptstadt Independencia

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Große Schaukelaction

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No. 5, Laguna angostura

Gemeinsam mit der Familie des Diakon Jose; Beatriz, Wara, Diego und Pedro, einem guten Freund der Familie, unternahmen wir einen kleinen Ausflug zu dem ca. 1h südöstlich entfernten Stausee, „laguna angostura“.

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Fahrt im Ungewissen

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Die „laguna angostura“

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Dieser versorgt die umliegende Landwirtschaft mit dem nötigen Nass. Wer jedoch diesmal auf badetauglicheres Gewässer, nicht wie die „laguna alalaya“, hofft, wird erneut enttäuscht. Die Laguna gleicht auf den ersten Blick mehr einer Erdplatte, da das Wasser komplett braun ist. Geschätzte Sicht unter Wasser max. 8,31 cm. Ausnahmsweise hat diese Verschmutzung nicht der Mensch zu verantworten. Schuld sind große Erdmengen die mitgeschwemmt werden und sich nicht absetzen. Wieder nichts mit Baden! Was uns am Schwimmen hindert, scheint den Fischen zu gefallen; zumindest schmecken sie vorzüglich.
Eine kleine Bootstour lassen wir uns natürlich nicht entgehen, und mitunter aufgrund einiger Defizite in der Bedienung zweirudriger Nussschalen entwickelte sich das Ganze zu einem herrlich spaßigen Ausflug, für den wir sehr dankbar sind.

komplette Mannschaft mit Nussschale (hinten links)


No. 4, El cristo de la concordia, la laguna alalay y los bomberos

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Treppe zum Cristo

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Ausblick über Cochabamba, Quillacollo,…

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El cristo de la concordia

Einer unserer ersten Ausflüge führte uns auf angenehme 2,840m zum Wahrzeichen von Cochabamba. Sollte so mancher beim Anblick des „cristo de la concordia“ an Rio de Janeiro denkt, so ist dies durchaus nachvollziehbar, da sich die beiden Statuen nur unmerklich unterscheiden. Auch wenn man sich hier sicher ist, dass der Cristo in Cochabamba natürlich größer sei. Wer weiß… Auf jeden Fall die Mühe wert, die man sich macht, sollte man nicht die Seilbahn nutzen sondern die 270 Höhenmeter zu Fuß zurücklegen.

Nach ein/zwei Verschnaufpausen und viel Flüssigkeitsverlust aufgrund des brutalst brennenden Planeten hier lässt sich dann jedoch eine gigantische Aussicht auf ganz Cochabamba und Umgebung genießen. Genialer 360° Blick und erst jetzt wird einem so richtig bewusst, wie riesig und bewohnt das Cochabambatal ist. Soweit das Auge reicht Häuser, Siedlungen und alles umgeben von den beeindruckenden Anden. Die Krönung des Ganzen ist natürlich, dass der Cristo innen bis zu den Armen begehbar ist und sich so noch einmal die Aussicht upgraden lässt.

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Blick aus dem linken Arm: Cochabamba, Laguna alalaya

 

 

Von Oben lässt sich bereits auch ein Blick auf die „laguna alalay“, einen großen, sagen wir See, in Cochabamba werfen. Dieser begründet auch noch heute die Namensgebung Cochabambas; Cochabamba ist Quechua und heißt so viel wie See-Ebene. Wer da, durchaus nachvollziehbar, Lust auf baden bekommt, hat die Laguna noch nicht aus nächster Nähe gesehen, mal abgesehen von der 100% Sonnenbrandgarantie, aber das schaffen wir auch ohne Baden. Genau betrachtet ist die Laguna ein stark veralgter und vermüllter Tümpel, der jedoch trotzdem seinen Charme mit den Inseln und Enten hat. Es wäre auch durchaus unsinnig die Laguna badetauglich zu machen, da hier nur die Wenigsten schwimmen können.

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Laguna alalaya mit Randgebiet von Cochabamba

 

 

 

 

Auf jeden Fall einen Abstecher wert!
Vor allem, da sich direkt daneben die erschreckend kleine hauptberufliche Feuerwehr stationiert hat. Den Großteil des Feuerwehrdienstes erledigen auch hier freiwillige Feuerwehren, zu denen ich jedoch noch nicht durchgedrungen bin, noch nicht!

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ausgemusterte Fahrzeuge

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Feuerwache „Bomberos de Cochabamba“